Um die komplizierten Beziehungsgeflechte zu zeigen,
hat Volkmann als Vorlage ein Kinderbild gewählt. Zur Zeit,
so Volkmann, lenke die Menschheit ihr beladenens Schiff immer
wieder auf die Klippen, um dann panisch ins Wasser zu springen
und sich ins Chaos Babylons zurücktreiben zuz lassen.


In der Stadt des Wissens für die Zukunft lernen

von Norbert Hötten

Hannover. Auf er Messe der schnellebigsten Ware steht in diesem Jahr ein Exot. Ein Mann der sich nur bedingt für Verkaufsabschlüsse interessiert. Dr. Helmut Volkmann ist zukunftsforscher bei Siemens. Der einzige. In Halle 15, bei "Chancen 2000" stellt er das Handwerkszeug aus, mit dem Unternehmen und Gesellschaften ihre Zukunftsentscheidungen treffen können: Xenia, die Stadt des Wissens.

Niemand besteige den Himalaya in Turnschuhen, meint Volkmann. Entgegen dieser einleuchtenden Erkenntnis sei gegenwärtig die Menschheit quasi in Sandalen auf dem Weg in die Zukunft. Ob Regierungen oder Manager, gedacht gerade noch bis morgen. Keep it simple, heiße die Devise in den Führungsetagen.

Dagegen stellt der Querdenker Xenia, die Stadt des Wissens. Die Welt sei komplex, das Wissen der Menschheit riesig, sagt Volkmann. Das Bild der Stadt benutzt er, um die komplizierten Zusammenhänge und die Unmengen von Informationen im wahrsten Sinne des Wortes begreifbar und begehbar zu machen, ein Werkzeug für langfristiges Denken.

So möchten sich Vorstände oder Mitglieder einer Regierung im Atelier für Innovatoren treffen. Einem Saal, in dem dreidimensionales, körperliches Begreifen in einen echten Tempel der Erkenntnis zusammengeführt wird mit den modernsten Möglichkeiten des Informationszeitalters. Moderatoren lenken die Entscheidungsträger, stellen Fragen: Was wollen wir überhaupt, was können wir wagen? Rechercheure im Hintergrund besorgen Zusatzinformationen. Ein Cafe lädt zur Entspannung oder zur Diskussion.

Als ein Hilfsinstrument könnte ein dreidimensionales virtuelles Archiv dienen, das als Grundstruktur den Weltraum als Vorbild hat. Jede Informationseinheit, ein Artikel, ein Bild, ein Film, entspricht einem Stern. Informationen die zusammengehören, liegen in einem Sternenhaufen. Der Besucher des Archivs kurvt wie mit einemRaumschiff durch die Sternenhaufen und sieht die einzelnen Ablagen, Bilder, Filme, Überschriften an sich vorbeiziehen.

Im Tempel schließlich symbolisieren die Säulen den Weg zum Ziel. Vorstände, Geschäftsführer, Minister, Wissenschaftler oder Bürger einer Stadt, die eine wichtige Zukunftsentscheidung zu treffen haben, gehen in den Tempel, heften ihre Forderungen und Ideen an die Säulen. "Das Gehen zwischen den Säulen und die Begegnung helfen, vernetzt zu denken", sagt Volkmann. "Die Sinne des Menschen erfassen die Dinge räumlich. Wir wissen oftmals nicht mehr genau, wie etwas beschaffen war, was wir gesehen haben. Aber meistens sehr genau, an welcher Straßenecke oder in welchen Schaufenster wir es gesehen haben."

Die Städte des Wissens seien Städten der Begegnung. Miteinander reden, nachdenken Wissen erschließen und zusammenführen und schließlich handeln. Der Zukunftsforscher stellt sich für die unterschiedlichen Probleme und Aufgaben eine ganze Reihe von Wissensstädten vor. Ein Prototyp von Xenia, so schlägt er vor, könnte auch den Weg zur Expo weisen.

Neue Presse Hannover, 15.3.95



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